Der Landarzt, der sich alle Zeit der Welt für seine Patienten nehmen und am Ende der Behandlung auch noch ein Pläuschchen mit ihnen halten kann – das gibt es fast nur noch im Fernsehen. Die Realität ist schon lange eine andere: Immer weniger Hausärzte müssen sich um immer mehr älter werdende Menschen kümmern, die medizinische Versorgung auf dem Land ist teilweise miserabel – Tendenz zunehmend. Auch im Landkreis Bad Kissingen droht durch den hohen Altersdurchschnitt der praktizierenden Ärzte eine Unterversorgung. Wie viele Ärzte in Zukunft gebraucht werden, lässt sich schwer abschätzen – auch, weil neue Arbeitszeitmodelle dazu führen, dass noch mehr Ärzte benötigt werden.
Um junge Medizinerinnen und Mediziner für den Dienst in der Region zu gewinnen und damit die Hausarztversorgung mittelfristig zu sichern, haben sich die Gesundheitsregion Plus Bäderland Bayerische Rhön und der Landkreis Bad Kissingen etwas einfallen lassen: Gemeinsam mit der Universität Würzburg sowie dem Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin wurde das „Blockpraktikum Plus“ ins Leben gerufen. Die Initiative bietet aktuell acht Medizinstudierenden die Möglichkeit, in den akademischen Lehrpraxen des Landkreises ein zweiwöchiges vorgezogenes Blockpraktikum zu absolvieren.
Inspirierender Austausch zum Start des Blockpraktikums Plus (von links): Johanna Waibl und Daniela Schmitt (Geschäftsstellenleiterinnen Gesundheitsregion Plus), André Haufschild, Daniela Engelmayr, Jonathan Zell, Charlotte Kielholz, Theresa Wurm, Dominik Heger, Carolin Franko, Anna Maria Oefelein, Dr. Ewald Schlereth, Regina Thums, Andrea Back (Leiterin Kreisentwicklung/Landratsamt Bad Kissingen) und stellvertretender Landrat Gotthard Schlereth.
Foto: Landkreis Bad Kissingen/Nathalie Bachmann
Theorie, Praxis und Ausflüge stehen auf dem Programm
„Und nicht nur das: Während der Arbeitszeit können sich die Studierenden bei fachlichen Workshops weiterbilden – zum Beispiel im Zentrum für Telemedizin. Außerdem bieten wir ihnen die Gelegenheit, sich mit erfahrenen Medizinerinnen und Medizinern sowie gesundheitspolitischen Akteuren auszutauschen“, sagt Andrea Back, Leiterin der Kreisentwicklung am Landratsamt Bad Kissingen. Und auch die Vorzüge, die der Landkreis im Hinblick auf Freizeitmöglichkeiten bietet, werden in den zwei Wochen ins rechte Licht gerückt: Auf dem Programm stehen Ausflüge in die Region.
„Dieses Gesamtpaket klingt super interessant und lehrreich“, findet Theresa Wurm. Sie kommt ursprünglich vom Ammersee, studiert im 10. Semester Medizin an der Uni Würzburg und kennt den Landkreis Bad Kissingen „bisher nur vom Hörensagen“. „Ich finde es auch cool, mal eine Landarztpraxis kennenzulernen. Die Chance hat man nicht alle Tage, wir sind ja meist im Uniklinikum unterwegs.“
Was benötigen die Studierenden, um sich für einen Hausarztsitz im Landkreis zu entscheiden?
Zum Start des Blockpraktikums begrüßte der stellvertretende Landrat Gotthard Schlereth die Studierenden. Er dankte allen akademischen Lehrpraxen im Landkreis, die sich am Blockpraktikum Plus beteiligen, für ihr Engagement für die Zukunftssicherung der ärztlichen Versorgung. Dr. Ewald Schlereth hatte zum gemeinsamen Kennenlernen in seine Praxis in Oberthulba eingeladen. Der renommierte Hausarzt hielt einen kurzen Vortrag zum Thema „Substitution von Opiatabhängigen“ und ermöglichte sogar das Gespräch mit einem Suchtpatienten.
Anschließend tauschten sich die Geschäftsstellenleiterinnen der Gesundheitsregion Plus, Johanna Waibl und Daniela Schmitt, sowie Andrea Back mit den Studierenden aus: Welche Unterstützung benötigen sie, um sich für einen Hausarztsitz im Landkreis zu entscheiden? Welche Vorstellungen haben sie? „Die Gespräche waren sehr offen und konstruktiv“, bilanziert Back. „Die Vorstellungen der Studierenden sind nahezu identisch: Sie wünschen sich unter anderem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Wohnraum, Kindergartenplätze bzw. eine Schule in der Nähe des Wohnorts und ein attraktives Freizeitangebot.“